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Berufsorientierung

Berufsorientierungsmaßnahme nach § 48 SGB III an der Augusta-Sibylla-Schule in Rastatt

Seit 1992 verfolgt die Schule das Konzept einer sozialpädagogisch orientierten Schule. Die pädagogische Arbeit wird dabei seit Jahrzehnten von der Fördergemeinschaft durch den Einsatz von sozialpädagogischen Fachkräften ergänzt. Schüler und Schülerinnen auf die Zeit nach dem Abschluss der Schulzeit an der Augusta-Sibylla-Schule gut vorbereiten zu können und ihnen zu ermöglichen einen geeigneten und zufriedenstellenden Platz im Berufsleben zu finden, beschäftigt uns schon viele Jahre.

 

Berufswahl, Bewerbungen und Praktika stehen im Bildungsplan der Hauptstufenschülerinnen und Hauptstufenschüler. Die Entwicklung beruflicher Basiskompetenzen ist Inhalt der Hauptstufenkonzeption der Schule. Die Erfahrung über viele Jahre zeigte aber, dass die Möglichkeiten des Schulunterrichts, auch mit unseren ergänzenden Hilfen, nicht ausreichten um den sehr unterschiedlichen Bedarfen der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden.

Auch die Eltern belastet die Sorge um die Zukunft ihrer Kinder: Werden die Töchter und Söhne über- oder unterfordert? Werden sie diese oder jene Ausbildung schaffen? Oder in diesem oder jenem Beruf Fuß fassen können? Die jugendlichen Schulabgänger und Schulabgängerinnen und ihre Eltern haben es schwer ein berufliches Feld zu finden, das wirklich den Fähigkeiten der jungen Menschen entspricht. Die Arbeitswelt ist immer komplexer geworden und die Anforderungen in nahezu allen Berufszweigen an fachlicher, psychosozialer und personaler Kompetenz sind gestiegen.

Was die Schüler und Schülerinnen des SBBZ Lernen brauchen, ist eine vertrauensvolle, personell kontinuierliche Begleitung und Förderung auf dem Weg ins Erwachsenen- und Berufsleben in guter Zusammenarbeit mit ihren Eltern und der Schule.

 

Seit 2020 wurde Schritt für Schritt in enger Kooperation mit der Schule das Gesamtkonzept – „Stärken und begleiten“ – entwickelt und in Teilen erprobt. Es beinhaltet eine umfassende Berufsorientierung und Berufsvorbereitung.

Das Projekt „Stärken und begleiten“ hat zum Ziel, den sehr unterschiedlichen Bedarfen aller Schülerinnen und Schüler individuell Rechnung zu tragen. Wir legen Wert auf Beziehungsarbeit und Kontinuität. Dem wurde Rechnung getragen, indem eine sozialpädagogische Fachkraft, die sich zum Bewerbungscoach und Berufseinstiegscoach fortgebildet hat, die Projektleitung übernahm. Die Projektleiterin ist angestellt bei der Fördergemeinschaft. Sie arbeitet mit Schülerinnen und Schülern und deren Eltern, kooperiert eng mit den Klassenlehrern und Klassenlehrerinnen, aber auch mit allen Partnern außerhalb der Schule, mit der Agentur für Arbeit, mit Praktikumsbetrieben, Berufsschulen, potentiellen Ausbildungsstellen, der Handwerkskammer, der IHK und DEHOGA. Die Projektleiterin hat ihr Büro in der Schule und ist an allen Schultagen anwesend und ansprechbar.

Ziele der vertieften Berufsorientierung am SBBZ Lernen:

  • Schüler und Schülerinnen mit besonderem Förderbedarf bestmöglich auf den Übergang von der Schule in das Berufsleben vorzubereiten.
  • Schüler und Schülerinnen darin zu stärken, eine realistische Berufsperspektive und einen Platz im Berufsleben zu finden, der ihren Fähigkeiten entspricht.
  • Schulabgängerinnen und Schulabgängern demotivierende (und teure) „Schleifen“ nach der Schulzeit zu ersparen.

 

Die „Vertiefte Berufsorientierung“ beginnt mit der Arbeit in den siebten Klassen, begleitet Schüler und Schülerinnen in der 8. und 9. Klasse und bietet Beratung und Unterstützung auch nach dem Abschluss der Schulzeit am SBBZ an.

 

Die Arbeit in den siebten Klassen:

  • Mit den Schülerinnen und Schülern gemeinsam ihre eigenen Interessen herausfinden.
  • Selbsteinschätzung: erkennen, wo liegen meine Stärken, aber auch meine Schwächen.
  • Dokumentation der erarbeiteten Ergebnisse.
  • Durchführung des „Bewerbungsprofis“.
  • Einzel- und Gruppenarbeit.
  • Einführung des Berufswahlpasses in einfacher Sprache.
  • Durchführung der Kompetenzanalyse BO-aktiv im Schulunterricht. Kooperation der Lehrkräfte und der Projektleitung bei der Durchführung und Auswertung.
  • Einführung in verschiedene Berufsfelder durch Vorstellung von Berufsbildern, Planet-Beruf, Betriebserkundungen und Gespräche mit ehemaligen Schülern und Schülerinnen.

 

Die Arbeit in den achten Klassen:

  • Durchführung des hamet3 Tests. Anschließendes Auswertungsgespräch mit jedem Schüler und jeder Schülerin, mit den Eltern und Lehrkräften.
  • Erstellung individueller Förderpläne.
  • Zweiwöchiges Praktikum in einem Ausbildungsbetrieb.
  • Beratung und Unterstützung bei der Suche nach einem den Fähigkeiten entsprechenden Praktikumsplatz.
  • Standardisierte Rückmeldung der Praktikumsstellen.
  • Zweiwöchiges Berufsorientierungsprogramm (BOP).
  • Begleitung während der Praktika und Besuche in der Praktikumsstelle.
  • Auswertung der Praktika mit Schülern  und Schülerinnen.
  • Erstellung von Bewerbungsunterlagen.
  • Einüben von Telefonaten mit Betrieben.
  • Teilnahme an der Ausbildungsmesse Mittelbaden, dem Komzet Bau Infotag und der „Berufe Check“ Messe.

 

Die Arbeit in den neunten Klassen:

  • Verstärkte Förderung der Eigenständigkeit.
  • Durchführung eines weiteren einwöchigen Praktikums.
  • Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz.
  • Begleitung während des Praktikums und Besuche in der Praktikumsstelle nach Absprache mit der Klassenlehrerin bzw. dem Klassenlehrer.
  • Auswertung und Dokumentation der Praktika.
  • Erweiterung der Bewerbungsunterlagen.
  • Telefontraining.
  • „Starkmacher-Programm“: Gruppenprojekte, Rollenspiele zur Teamarbeit, Kommunikationsfähigkeit, Konfliktlösungsstrategien, Umgang mit Kritik, Arbeitsplatzregeln und –etikette, Bewerbungsgespräche.
  • Simulierte Bewerbungsgespräche durch Mitarbeiter der IHK.
  • Teilnahme an der „Berufe Check“ Messe, die an der Augusta-Sibylla-Schule oder den beruflichen Schulen (Anne-Frank-Schule Rastatt, Carl-Benz-Schule Gaggenau) im Wechsel stattfindet.
  • Begleitung der Schüler und Schülerinnen zu den PSU Testungen in der Agentur für Arbeit.
  • Organisation der Gespräche eines Mitarbeiters der Handwerks-kammer mit den beiden 9. Klassen und Teilnahme an den Gesprächen.

 

Einbeziehung und Arbeit mit den Eltern der Teilnehmer und Teilnehmerinnen:

  • Die Projektleiterin ist über die Schulplattform und telefonisch gut für Eltern erreichbar.
  • Sie hat den Kontakt zu Eltern, berät sie und ist jederzeit für sie ansprechbar.
  • Bei der Suche nach geeigneten Praktikumsstellen arbeitet sie eng mit den Eltern zusammen.

 

Als Ergebnisse und Erfahrungswerte können nach 1 ½ Jahren „Vertiefte Berufsorientierung“ festgehalten werden:

  • Die Tatsache, dass es eine Ansprechpartnerin für Berufsvorbereitung in der Schule gibt, hat sich schon sehr bald bewährt. Es konnten Kooperationen zum Beispiel mit den beruflichen Schulen intensiviert werden und neue Kooperationen zum Beispiel mit den Kammern entwickelt werden. Inzwischen besteht ein enger Kontakt der Fachfrau zur IHK, Handwerkskammer und DEHOGA. Die Chancen für die Schülerinnen und Schüler erweitern sich auch dadurch.
  • Die Projektleiterin hat ein tragfähiges Netzwerk zur Berufsorientierung und dem Übergang von der Schule in das Berufsleben für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgebaut.
  • Die Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit, der Reha-Beratung und den beruflichen Schulen wurde vertieft. Positive Rückmeldungen beider Stellen haben wir bekommen.
  • Bildungspartnerschaften wurden wieder aktiviert und zwei Bildungspartnerschaften neu gegründet.
  • Die ehemals an der Augusta-Sibylla-Schule etablierte Berufswahlbörse heißt inzwischen Berufe Check und findet im Zusammenschluss mit den beruflichen Schulen und drei weiteren SBBZ statt. Der erweiterte Rahmen bietet Anreiz für mehr Ausbildungsbetriebe sich hier vorzustellen.
  • Die Zusammenarbeit mit Praktikumsstellen und potentiellen Ausbildungsbetrieben wurde intensiviert. Der enge Austausch fördert gegenseitige realistische Erwartungen.
  • Reduzierte Ausbildungsgänge wurden angeboten.
  • Alle Schüler und Schülerinnen der Klassen 7 bis 9 nahmen an der „Vertieften Berufsorientierung“ teil.
  • Erste Erfolge gab es bereits bei der Durchführung der Berufspraktika. Alle Schüler und Schülerinnen konnten eine Praktikumsstelle wählen, die ihrer Vorbildung und ihren Interessen entsprach. Im April 2024 haben die 8. und 9. Klassen ihre Praktika absolviert. Von 47 Schülerinnen und Schülern haben 46 die Praktikumszeit durchgehalten. Die Beratungsarbeit und die Ermutigung haben die Jugendlichen bei der Suche nach geeigneten Stellen und in ihrem Durchhaltevermögen sehr gut unterstützt.
  • Für die 9. Klassen stand die PSU Testung in der Agentur für Arbeit an. Für die vulnerablen Jugendlichen gibt es dazu eine nicht gerade niedrige Hürde zu überwinden. Durch die Aufklärung, Ermutigung und Begleitung zur BfA durch die Projektleitung konnten nahezu alle Schüler und Schülerinnen am Test teilnehmen.
  • Mitarbeiter der IHK haben mit den Jugendlichen simulierte Bewerbungsgespräche durchgeführt. Sie gaben die Rückmeldung, dass die jungen Menschen sehr gut auf die Gespräche vorbereitet waren.
  • Von den 19 Schulabgängerinnen und Schulabgängern der Augusta-Sibylla-Schule im Juli 2024 besuchen im Schuljahr 2024/25, also direkt im Anschluss, 18 das VAB (Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit der Möglichkeit den Hauptschulabschluss zu machen) in beruflichen Schulen. 13 gingen in die Anne-Frank-Schule, 4 in die Carl-Benz-Schule, 1 Schüler in die Berufsschule Bühl und ein Schüler ging direkt in eine betriebliche Ausbildung. Von den 27 Schulabgängern und Schulabgängerinnen im Juli 2025 werden mit einer Ausnahme alle in die beruflichen Schulen gehen. Bei Bedarf werden wir den weiteren Werdegang der jungen Menschen begleiten.
  • Einige ehemalige Schüler und Schülerinnen haben auch nach der Schulentlassung aus der Augusta-Sibylla-Schule die Beratung und Unterstützung der Projektleitung gesucht.
  • Im zurückliegenden Jahr konnten auch die Erfahrungen der Fachkräfte dazu vertieft werden, wie hoch viele Hürden für die Schülerinnen und Schüler des SBBZ Lernen beim Übergang in das Berufs- und Erwachsenenleben sind und dass eine Begleitung dringend erforderlich ist.

 

Finanzierung

Die Finanzierung des Projekts bereitete den Verantwortlichen der Fördergemeinschaft über die letzten Jahre immer wieder große Sorgen. Unser Ziel war es, das Projekt dauerhaft zu installieren und finanzieren zu können. Die Entwicklung und die ersten Schritte von „Stärken und begleiten“ konnten mit großer Unterstützung von Stiftungen, Banken und Firmen gemacht werden. Im Jahr 2022 wurde ein Vorläufer aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landkreises Rastatt als Schulträger finanziert. 2023 mussten einige Monate wieder aus Spenden und Aktivitäten des Vereins und der Schulgemeinschaft finanziert werden.

Der Landkreis Rastatt als Schulträger und Jugendhilfeträger hat sich 2023 bereiterklärt, die Trägerschaft für das Projekt zu übernehmen. Im gleichen Jahr erhielten wir die AZAV Zertifizierung als Voraussetzung für die Finanzierung im Rahmen der „Vertieften Berufsorientierung“.

Seit 2024 findet „Stärken und begleiten“ als Maßnahme der Vertieften Berufsorientierung nach § 48 SGB III an der Augusta-Sibylla-Schule statt und wird zu 50 % vom Landratsamt Rastatt  und zu 50 % von der Agentur für Arbeit finanziert.

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